Heute zeige ich euch eines meiner Lieblingsbilder aus der Altniederländischen Malerei. Viele Fakten sind hier nicht nötig, aber es gibt ein paar interessante Details da das Werk in zwei Fassungen vorhanden ist.
Unten zu lesen ist dann eine "klassische" kunsthistorische Analyse aus einer alten Hausarbeit von mir.
Wer daran kein großes Interesse hat kann ja in der Art von Fehlersuchbildern mal die Unterschiede raussuchen. ;)
Ich wünsche (trotzdem) viel Spaß! :)
Renaissance/ Altniederländische Malerei
Bildnis eines feisten Mannes - Berlin/ Madrid - nach 1430
(Madriter Version)
(Berliner Version)
Für diese beiden Gemälde wir zumeist der Meister von Flémalle bzw. Rogier van der Weyden angenommen.
Die
ausgeprägte Individualität dieses Bildnisses macht es schwer, es
mit anderen Porträts zu vergleichen. Zudem ist es der Nachwelt in
gleich zwei Fassungen erhalten geblieben (Robert
Campin, Der feiste Mann, vor 1430. Öl auf Eichenholz, 35,4 x 23,7
cm. Madrid, Museo Thyssen – Bornemisza. und Robert Campin, Der feiste Mann, vor 1430, Öl auf Eichenholz, 31,5 x 20,3 cm. Berlin, Staatliche Museen, Gemäldegalerie).
Welches der beiden Werke die Urfassung ist, oder ob beide auf ein
verloren gegangenes Original zurückgehen, scheint noch nicht
geklärt1.
Ebenso ist die genaue Datierung bisher nicht möglich. Sollte jedoch
das, vom Museum angenommene, Jahr 1425 stimmen2,
wäre es das älteste unabhängige Bildnis der altniederländischen
Malerei3.
Es
gibt drei Ansätze zur Identifizierung des Dargestellten. So sind
gewisse Ähnlichkeiten zu dem Nikodemusporträt in der Kreuzabnahme4,
einer Porträtzeichnung von Robert de Masmines5
sowie eine Büste von Niccolò Strozzi6
Anlass zu Vermutungen über die Identität des Mannes. Die Büste
kann jedoch schon aus rein zeitlichen Gründen ausgeschlossen
werden7.
Auch an der Identifikation als Robert de Masmines gibt es
Kritikpunkte: Er wirkt aggressiver, weniger beleibt, Nase, Mund und
Augen stimmen kaum bis gar nicht überein8.
Aufgrund dieser Unstimmigkeiten muss die Identität bis auf Weiteres
ungeklärt bleiben.
Zu
weiteren Untersuchungen wurden Durchzeichnungen angefertigt und
aufeinandergelegt.9
Sie sind sich so ähnlich, dass der Maler des zweiten Bildnisses
sowohl eine gute Pause als auch das Original für seine Arbeit zu
Verfügung gehabt haben musste. Die Infrarotreflektografie zeigt bei
der Berliner Fassung jedoch Abweichungen zwischen der Unterzeichnung
und dem endgültigen Bildnis, welche in der Madrider Fassung nicht zu
finden sind. Daraus folgt, dass Letzteres die Kopie des Berliner
Bildnisses sein muss. Auch die Malweise unterscheidet die beiden
Bildnisse. Im Berliner Bild wurde mit dem Pinselstiel gekratzt, in
der Madrider Fassung nicht. Diese scheint auch in anderen Details dem
Berliner Porträt unterlegen zu sein, was durch Röntgenaufnahmen
noch unterstützt wird. Die Dendrochronologie legt zudem die
Entstehung ab den 1440er-Jahren nahe. Allerdings
kann eine Solche beim Berliner Bildnis nicht vorgenommen werden,
wodurch ein Vergleich erschwert wird10.
Ein
ebenso
unklarer Punkt ist auch der Künstler selbst, was durch das
Auftauchen des zweiten Bildnisses noch verkompliziert wurde.11
Die Analyse der Maltechnik brachte den Meister von Flémalle als den
Maler der Madrider und Rogier als den Maler der Berliner Fassung
hervor, jedoch erreicht das Porträt nicht die gleiche "organische
Verschmelzung der Details"12
wie vergleichbare Arbeiten Rogiers.
Nun
liegt der Gedanke nicht weit, dass Robert Campin das Original in
Berlin anfertigte und sein Schüler Rogier van der Weyden eine Kopie,
allerdings ist dies auch nur eine nicht wirklich zu beweisende
Theorie.
Literatur:
1Siehe:
Belting, Hans; Kruste, Christiane: Die
Erfindung des Gemäldes. Das erste Jahrhundert der niederländischen
Malerei, München 1994, S. 173.
3Siehe:
Thürlemann, Felix: Robert Campin. Eine Monografie mit Werkkatalog,
München u.a. 2002, S. 77.
4Siehe:
Châtelet, Albert: Robert Campin. Le Maître de Flémalle. La
fascination du quotidien, Anvers 1996, S. 301.
5Jaques
le Bocq, Robert de Masmines, Zeichnung auf Papier. In:
Recueil d'Arras.
6Mino
da Fiesole, Bildnisbüste des Niccolò Strozzi, 1454. Berlin,
Staatliche Museen, Skulpturensammlung.
7Siehe:
Aust. -Kat.: Der Meister von Flémalle und Roger van der Weyden.
Kemperdick, Stephan; Sander, Jochen (Hg.). Frankfurt am Main u.A.
2008, S. 266.
8Siehe: Kemperdick/Sander, S. 266.
9Im
folgenden Abschnitt beziehe ich mich auf: Kemperdick/Sander, S. 269f.
10Siehe:Kemperdick/Sander, S. 268.
11Im
folgenden Absatz beziehe ich mich auf: Kemperdick/ Sander 2008, S.
266 – 270.
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