Meine Philosophie:
- Im LARP ist man das Ambiente des Anderen. Gibt man sich also selbst Mühe setzt man die anderen meist in Zugzwang sich selbst auch mehr Mühe zu geben.
- Außerdem ist man „nur“ ein Darsteller unter vielen, man hat also die Aufgabe durch Spiel und Gewandung die anderen davon zu überzeugen was man Darstellen möchte. Das geht zB als Ritter einfacher, wenn ich einen hübschen Wappenrock trage, als wenn ich nur in Schnürhemd und -hose dastehe.
- Sowohl Gewandung als auch Spiel sind wichtig, das eine geht nicht ohne das andere.
Allgemeine Tipps:
- Versuch anders auszusehen als du normalerweise aussiehst:
Dazu hilft es die Silhouette zu verändern
einen guten Artikel dazu gibt’s hier: http://www.larpwiki.de/Ausr%C3%BCstung/Gewandung/VerkleidungGrundlagen
- keine rein schwarz/weiß Gewandung, es gibt so viele Farben.
Trau dich!
Zudem nehmen rein schwarze Gewandungen völlig die optische Tiefe aus einem Kostüm (ein guter Ork ist daher nicht schwarz sondern grau, braun, dunkelgrün, dunkelrot etc)
- wenn nicht alles IT ist, tarne ab, was OT ist. zB kann man Probleme haben IT-fähige Schuhe zu bekommen. In dem Fall kann man vorhandene Schuhe mit Gamaschen abtarnen.
- vermeide Kunstfaser wo immer es geht! Pannésamt ist Panne! Echter Samt ist teuer, ich weiß das, aber dann greif lieber auf einen schönen Wollstoff zurück, die sind günstiger.
Generell schwitzt und stinkt man in Naturstoffen nicht so doll, man kann am Lagerfeuer sitzen ohne Brandflecke zu bekommen und sie sind meist haltbarer.
- Trag was auf dem Kopf, auch wenn es lächerlich aussieht. Das macht sie IT viel Cooler.
Wer sich nicht traut nimmt ein Kopftuch, Schlapphut oder Barett.
- Second-Hand-Läden sind dein Freund, ebenso ebäi ;)
- Selbermachen ist (bis auf wenige Ausnahmen wie Waffen) immer günstiger wie neu kaufen. Und man braucht auch keine Nähmaschine um eine einfache Hose zu nähen. Und schwer ist es auch nicht. Und wenns net perfekt wird...na und? Dann hat dein Char halt einen schlechten Schneider erwischt und kann sich IT wunderbar über jede offene Naht lautstark ärgern.
- Rüstung ist keine Gewandung. Erst Gewandung machen, dann Rüstung anschaffen. Abends in der Taverne mit Rüstung zu sitzen ist genau so dämlich wie das in halb-OT-Klamotten zu tun.
- Mehrere Schichte geben Tiefe. Hier ist ein cooles Beispiel und hier noch eins.
- Eine Gewandung wächst mit dem Charakter und ist nie fertig.
Meine Hexe hat zB schon 5 sehr verschiedene Arten von Kleidung getragen, je nachdem wie sie sich verändert hat.
Charakterbezogene Tipps:
- Frag zuerst deinen Geldbeutel was du spielen willst. Ein WOW-Nachtelf-Irokesen spielt man nicht als Student mit monatlich 50 Euro im Geldbeutel und einen Ritter in Vollplatte auch nicht. Aber eine Magd, einen Bauern, einen armen Priester, oder einen Weißmagier der sich strikt an seine Kleidungsvorschriften hält. Man kann so ziemlich zu allem eine Geldsparende Variante finden :)
- lass ein Foto von dir machen und leg das Foto neben ein Bild deines Wunschcharakters. Jetzt vergleiche dich damit.
Einen Menschen spielen kann jeder, immerhin sind wir alle welche. Und seine eigene Kultur spielen kann auch jeder, wenns aber um Fremdkulturen (zB Waldmensch oder Orientale) oder Fremdrassen (Elfen/Zwerge/Echsenwesen...) geht muss man sehen was machbar ist. Zur Not frag jemand anderen: „Könntest du dir vorstellen, dass ich mit der entsprechenden Klamotte so aussehe?“ und dann ein Bild vorzeigen. Das gibt meist einen ziemlich guten Eindruck.
Ich hätte immer mal gern nen Elf gespielt, kann ich knicken, ich bin zu dick. Daher war mein erster Charakter Mittelreicher und mein zweiter Char (Aranierin) stammt aus dem Norden Araniens um meine helle Hautfarbe zu rechtfertigen.
- Schau in die Bücher und das Internet. Es gibt viele tolle Bilder. Lass dich inspirieren. Oder schau dir an was andere Larper tragen, die was ähnliches spielen. (Aber bitte nicht kopieren :) )
- Erweitere deinen Horizont. Die Thorwaler lehnen sich an Wikinger, Schweden usw an, die Bornländer an Russen usw. Schau dir bei Google Bilder aus diesen Kulturen an, auf viele Kostümkunde-Seiten findet man auch einiges, was man dann auch stimmig eingliedern kann.
- Überlege dir was du mit dem Charakter machen willst.
Ich hab zB nach meiner ersten Con den bodenlangen Rock abgeschafft, ebenso die langen Tütenärmel und das Korsett. Es geht nicht wenn man durch den Wald will. Also Hofdame währe das voll ok, ebenso als dekadente Magierin.
Im Wald verstecken können? -> Keine grellen Farben
Weithin sichtbar sein? -> klare, großflächige Farben
usw...
- Sei einzigartig!
Gib deinem Charakter ein Augenmerk, es muss nicht wirklich einzigartig sein, aber etwas was deutlich ins Auge springt und im Gedächtnis bleibt.
Bei meinem Charakter ist es zB das Überkleid mit dem Zipfel von und hinten. Egal was ich drunter trage (hab zwei Kleider sowie Hose und Tunika) ich trage immer diese Überkleid darüber. Man muss mich ja auch wiedererkennen :)
Denn bei stark wechselnder Klamotte auf einer Con kann es sonst passieren, dass man denkst du hättest den Char gewechselt.
- Gib deiner Gewandung leben.
Fülle sie mit individuellen Gegenständen „Gebamsel“, mach sie schmutzig, fleckig, mach sie kaputt und näh sie wieder zusammen. Denk dir zu allem eine kleine Geschichte aus. Das alles kostet nichts, macht aber viel aus.
Ein Heiler mit blendend weißer Schürze ist nicht so cool wie einer mit ziemlich versiffter, mit alten Blutflecken und so. Und ein Kriegsveteran in einer krachneuen Gewandung passt net so gut wie ein junger Adliger, der gerade erst von zu Hause weg ist.
Mehrere verschiedene Materialien erzeugt mehr Tiefe und vermitteln Lebendigkeit und Zufälligkeit.
Dabei darauf achten dass verschiedene Stoffe verschiedene Oberflächen haben. Auch das macht eine Gewandung interessant. Nur glatte BW-Stoffe zu benutzen bringt nicht die Tiefe wie es ein Wollfischgrat, ein glänzender Satin, ein rauer Filz, transparente Seide etc... könnte.
Benutze einfach Dekomöglichkeiten. Borte kann teuer sein, muss aber nicht, Sticken ist gar nicht mal so schwer und Garn ist auch nicht teuer, mit Acrylfarbe auf Stoff malen/drucken kostet auch fast nichts und Vorlagen gibt’s zu Hauf im Internet.
Sonstiges:
- fragt doch einfach mal was die andere davon halten :)
Bezugsquellen:
Ich übernehme keine Garantie für irgendwas bei den genannten Shops, das sind nur meine persönlichen Erfahrungen.
Schnittmuster:
www.natronundsoda.net die sind kostenlos und mit Anleitung
http://www.gewandnaeherin.de/ auch kostenlos
Burda hat auch ab und an kostenlose Schnitte und generell viele brauchbares
http://www.kostuemkram.com/
http://www.neheleniapatterns.com/
Stoffe:
www.buttinette.com
www.stoffe.de
http://www.folhoffer.eu/
Karstadt hat im Ausverkauf zT Wollstoffe für 3 Euro/Meter
Deko:
www.bortenshop.de günstig und tolle Quali
http://knopfparadies.com/index.php? Hab ich auch bestellt und war zufrieden
http://www.1a-kurzwaren.de/ hab ich bisher auch gute Erfahrung mit gemacht
Inspirationsquellen:
www.deviantart.com
Schuhe:
Deichmann
Decatlon (Reitstiefel)
www.historische-schuhe.de
Second-Hand:
www.kleiderkreisel.de
Diverse Flohmärkte und Second-Hand-Shops in eurer Nähe, sowie Ebäi
Leder:
Kirchhöfer Ledergroßhandel in Rheinland-Pfalz, einfach anrufen, die sind echt nett und man bekommt dort Fell/Leder und alles was dazu gehört zum Großhandelspreis.
Und im Rest von Deutschland gibt’s bestimmt auch noch mehrere Großhandel für sowas :)
Was tue ich genau, wenn ich eine neue Gewandung mache?
1. Infos sammeln:
- Körperliche Gegebenheiten der Person (groß, klein, dick, dünn, hängende Schultern, Hohlkreutz, Bauch? Hat immer warm/kalt, schwitzt viel...),
- Charakterhintergrund (aus welcher Kultur stammt er (Vorlagen?), wo ist er jetzt, was hat er durchgemacht, was hat er bisher getragen?),
- Spielstil (Matschkriecher, Kampfsau, Ambiente-Teetrinker?)
- persönliche Vorlieben, Einschränkungen (zB Allergien, keine Tierprodukte)
erfassen
2. Silhouette festlegen
Das muss ja erstmal grob sein, aber einer korpulenten Person gibt man kein schmales Elfenkleid ;)
3. Klamotte entwerfen
Und zwar immer aufgrund der bisher gesammelten Infos.
Jemand der körperlich aktiv spielt kann kein langes Gewand gebrauchen, wer eher inaktiv ist, kann mehr empfindliche Details vertragen und benötigt meist etwas wärmere Klamotten.
Also genau Gedanken machen wer was benötigt und wie man es im Hinblick auf die Silhouette verwenden kann.
Dabei auch bisher vorhandene Kleidungsstücke mit einbeziehen.
4. Farbe
Ich lege immer einen Farbcode für Chars fest.
Meine Hexe ist braun-grün, meine Orientalin ist weiß-rot-gold/gelb und meine Magd trägt weiß mit reinen, starken Grundfarben.
Dabei im Auge behalten was der Char so tut, Waldläufer in weiß blau währe dämlich.
5. Material
- Was kann sich der Char leisten?
- Was kann sich der Spieler leisten?
- Was ist praktisch/angemessen?
Polytiere so gut es geht vermeiden (Anteile von bis zu 20% sehe ich aber unproblematisch).
Die Eigenschaften der einzelnen Stoffe und Materialien gezielt ausnutzen (leitet Feuchtigkeit gut ab, ist wasserdicht, reißfest...)
Stoffauswahl an den Hintergrund anpassen:
Eine Festgewandung kann eher aus wenigen Materialien bestehen (weil ja alles aus einem Guss sein soll?), die Alltagsklamotte eher zusammengekauft/gesucht.
Beispiel wenige verschiedene Materialien:
Das wirkt in der Gruppe natürlich unheimlich toll (Ritualgewandungen für die Hexen):
Foto von Timo Hahnenberger |
Nur ein oder zwei Stoffe benutzen ist eher was für Standesklamotte/Festtagskleider denn die wurde ja wahrscheinlich auch geplant und in einem gefertigt, Alltagskleider oder Kleider für Charaktere aus dem unteren Millieu oder aus weniger entwickelten Kulturen stückeln besser :)
6. Dekoration
- Wo soll etwas hin?
Freie Flächen brechen indem man noch ein Detail hineinläd.
- Dann die Motive wählen.
Kulturell und persönliche Dinge (Religion, Seelentier, Wappen, Schmuckmotive) beachten
- Danach entscheiden wie das Motiv auf/in den Stoff soll.
Aufmalen, Sticken, Applizieren, Durchbrucharbeiten? Hierzu vielleicht nochmal klassische Handarbeitsmethoden durchwühlen, es gibt tolle Effekte die heute nicht mehr so ganz bekannt sind.
Ich hoffe es hilft jemandem :)
schon wieder ich :-)
AntwortenLöschenSchön geschrieben.
Lieber Gruß, Muriel